Ethik

Moralphilosophisch formuliert Schopenhauer im Unterschied zu Kant eine Mitleidsethik. Der einzige Grund, uneigennützig zu handeln, ist die Erkenntnis des Eigenen im Anderen – das ist Mitleid (wobei der Begriff anders als der heutige Sprachgebrauch ein Mitempfinden meint). Schopenhauer verhandelt die Mitleidsethik im vierten Buch von Die Welt als Wille und Vorstellung und vor allem – konkretisierend – in der Preisschrift Ueber die Grundlage der Moral (oder auch Ueber das Fundament der Moral). Im ersten geht es ihm vor allem um die metaphysische Begründung, im letzten um die empirische Nachweisbarkeit (als Gegenprogramm zu Kant) der Mitleidsethik.

Jeder Mensch gilt bei Schopenhauer als Objektivation des Willens. Der einzelne Mensch ist als Subjekt eine Individuation des Willens. Da der Wille bei Schopenhauer als allmächtig gilt, aus ihm alles hervorgeht, hält nun jedes Individuum sich als Individuation des Willens für den Angelpunkt nicht seiner, sondern der Welt überhaupt. Diese Sichtweise resultiert aus der falschen Identifikation der Vorstellungen als Tatsachen, wobei der Nicht-Künstler dabei nicht das „Ding an sich“ (den Willen) hinter den Vorstellungen erkennt und deshalb seine individuellen Vorstellungen als „Dinge an sich“ identifiziert.

Im Gegenüber, im anderen Menschen, erkennt nun der Mensch (der individuierte Willen) denselben Willen. Der durch den Willen zur absoluten Bejahung des individuierten Willens strebende Mensch (Egoismus) erkennt nun in seinem Gegenüber, dass nur die absolute Verneinung des Willens des Gegenübers einer absoluten Bejahung des eigenen Willens entspricht. So bemerkt der vom blinden Willen getriebene Mensch, dass in allen anderen Lebewesen derselbe blinde Wille haust und sie ebenso leiden lässt wie ihn. Durch das Mitleid wird der Egoismus überwunden, der Mensch identifiziert sich mit dem Anderen durch die Einsicht in das Leiden der Welt. Nur dadurch kann der Wille, die treibende Kraft nach Schopenhauer, sich selbst am Leben erhalten.

Hieraus folgt ein im Vergleich zu Kant radikal anderer „Imperativ“:

„Neminem laede, immo omnes, quantum potes, iuva.“

„Verletze niemanden, vielmehr hilf allen, soweit du kannst.“

– Das Prinzip aller Moral

Seine Ethik schließt den Schutz der Tiere ein:

„Mitleid mit den Tieren hängt mit der Güte des Charakters so genau zusammen, daß man zuversichtlich behaupten darf, wer gegen Tiere grausam ist, könne kein guter Mensch sein.“[16]

Außerdem mahnt er Respekt vor der Einzigartigkeit des Lebens an:

„Jeder dumme Junge kann einen Käfer zertreten. Aber alle Professoren der Welt können keinen herstellen.“






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